Auf dem Weg zu einer neuen Ära im Gesundheitssektor
Das Gesundheitswesen in der Schweiz steht vor wachsenden Herausforderungen, besonders in Bezug auf den Fachkräftemangel, wie aktuelle Studien zeigen. Die Prognosen deuten darauf hin, dass bis 2030 ein erheblicher Mangel an Vollzeitarbeitskräften bestehen wird. Dies stellt Gesundheitsinstitutionen vor die dringende Notwendigkeit, neuartige und zukunftsweisende Lösungen zu finden. Erfahren Sie in diesem Blogartikel mehr über drei zentrale Themen im Bereich des Total Workforce Management, die besondere Wichtigkeit erlangen, sowie innovative Ansätze aus der Praxis, die derzeit getestet werden.
Die Herausforderungen im Schweizer Gesundheitswesen werden immer deutlicher spürbar. Laut einer aktuellen Studie der Adecco Gruppe sind die Gesundheitsberufe besonders vom Fachkräftemangel betroffen. Die PWC prognostiziert sogar einen Mangel von 32'500 Vollzeitarbeitskräften im Schweizer Gesundheitssektor bis zum Jahr 2030. Vor diesem Hintergrund müssen Gesundheitsinstitutionen die Herausforderung meistern, innovative Lösungen zur Bewältigung des Fachkräftemangels zu finden.
Bei genauerer Betrachtung des Pflegesektors beobachtet Myra Fischer-Rosinger, Direktorin von Swissstaffing einen kontinuierlichen Anstieg externer Fachkräfte. Der steigende Bedarf an qualifiziertem Personal kann in diesem Bereich ohne externe Unterstützung nicht vollständig gedeckt werden. In diesem Kontext kristallisieren sich für uns drei zentrale Themen heraus, die im Bereich des Total Workforce Managements besondere Relevanz erlangen. Unter dem Begriff «Total Workforce Management» wird die Strategie verstanden, alle zur Verfügung stehenden Arbeitnehmenden gemeinsam und zusammenhängend zu verwalten - ganz unabhängig von ihrem Arbeitspensum, ihren Vertragsfristen und davon, ob ein internes oder externes Anstellungsverhältnis besteht.
Das HR verlagert seinen Fokus vom traditionellen Recruiting hin zu nachhaltigem Retention Management. Dieser Fokus wird nun gleichermassen auf interne Mitarbeitende (Fest- und Temporärangestellte) sowie auf externe Fachkräfte gesetzt. Angesichts des Verhältnisses von internen zu externen von 2:1 ist es entscheidend, die Rekrutierung, das Management einschliesslich der Einsatzplanung, die Bezahlung sowie Ein- und Austritt für die gesamte Belegschaft (Workforce) zu standardisieren und zu professionalisieren. Dies ist sowohl im Hinblick auf Prozess-Synergien als auch aus Kostengründen unerlässlich. Die Unterscheidung zwischen internen und externen Mitarbeitenden verliert zunehmend an Bedeutung.
Die Grafik zeigt den Workforce Life-Cycle für interne und externe Fachkräfte sowie die potenziellen Synergien, die das Unternehmen durch eine Vereinheitlichung erzielen kann. Diesbezüglich empfiehlt sich die Einführung eines ganzheitlichen Life-Cycle-Managements. Dadurch erfahren die Mitarbeitenden eine nahtlose Integration ins Unternehmen, angefangen bei der Rekrutierung bis hin zum Austritt oder einer möglichen Wiedereinstellung.
New Work Konzepte bringen zunehmend neue Herausforderungen mit sich, sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende. Das HR-Management übernimmt nun die wichtige Rolle, eine ausgewogene Balance zu schaffen und intern zu vermitteln. In Bezug auf die Gesundheitsbranche ist dies vor allem im Hinblick auf die externen Fachkräfte relevant. Die steigende Flexibilisierung auf Seiten der Fachkräfte und der Unternehmen kann nur durch ein koordiniertes Zusammenspiel von internen und externen Fachkräften erfolgreich umgesetzt werden. Dies erfordert klare Leitplanken in Bezug auf Führung, Prozesse und die HR-IT-Infrastruktur.
Besonders im Bereich der Personaleinsatzplanung ist die Etablierung eines nachhaltigen, partizipativen Prozesses sowohl kritisch als auch entscheidend für die langfristige Sicherung des Unternehmens und die Zufriedenheit aller Mitarbeitenden. Die wachsende Dynamik erfordert eine innovative Personaleinsatzplanung, die sowohl den Bedürfnissen der Organisation als auch den individuellen Anforderungen aller Fachkräfte gerecht wird.
Nicht nur die Generation Z hat neue und unterschiedliche Anforderungen an das Arbeitsumfeld und Work-Life-Balance. Auch das generelle Zusammenspiel verschiedener Generationen und Kulturen gewinnt an Bedeutung. Der Wunsch, dass die Arbeit sich den individuellen Bedürfnissen anpasst, steigt zunehmend und wird somit für Unternehmen und HR zu einem immer relevanteren und zentraleren Thema im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Es gilt, neue Formen und Möglichkeiten zu schaffen. Ein wichtiges Thema hierbei sind flexible Arbeitszeitmodelle, die mit den verschiedenen Lebensphase kompatibel sein müssen.
Neben den vielfältigen Herausforderungen im Markt erkennen wir auch zahlreiche Ansätze, die derzeit getestet werden und sich teilweise bereits etabliert haben. Nachfolgend werden drei Praxisbeispiele beschrieben.
Community Building in der Pflege
Das Projekt «Care Resco Pflege-Community» hat das Ziel, eine Pflegereserve-Community aufzubauen, um Pflegekräfte für den Beruf zurückzugewinnen. Bis zum Jahr 2030 wird ein Anstieg des Pflegebedarfs in der Schweizer Bevölkerung um 36% prognostiziert. Gleichzeitig werden bis dahin 30% der Pflegefachpersonen in die Pension gehen und bis zu 8% werden aus dem Pflegeberuf aussteigen. Das wissenschaftlich begleitete Pilotprojekt soll eine mögliche Lösung für dieses Problem sein. Um diesem bevorstehenden Personalmangel entgegenzuwirken, möchte die Community bestehende Anstellungsmuster durchbrechen und den selbstbestimmten Einsatz der Pflegefachpersonen fördern. Auf diese Weise sollen arbeitswillige Pensionierte, Wiedereinsteigende und Studierende ermutigt werden, sich der Community anzuschliessen und so insgesamt für mehr Fachpersonal auf dem Schweizer Markt zu sorgen.
Einsatzplanung mit dem Total Workforce Ansatz
Die universitärere Altersmedizin von Felix Platter verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz für ihr Workforce Management. Mit Hilfe einer Software wurde ein interner Springer-Pool etabliert, der die Wiederbesetzung bei kurzfristigen Ausfällen erleichtert. Zudem wurde die Zusammenarbeit mit dem externen Pool sowie den Personalvermittlern automatisiert und optimiert. Die vereinfachte Einsatzplanung, automatisierte Kommunikation und umfassende Transparenz haben bei allen Beteiligten dazu geführt, dass Zeit eingespart wird und die Zufriedenheit gesteigert wurde.
Regionale Pool-Lösungen
Die Alterszentren Acherhof und Rubiswil im Kanton Schwyz haben im Dezember 2023 gemeinsam den «Talkessel-Pool» ins Leben gerufen. Dieser Pool umfasst Personen aus dem Bereich Langzeitpflege, die ihren Arbeitsalltag selbstbestimmt und flexibel gestalten möchten. Neben den fachlichen Qualifikationen setzt das Modell ein wöchentliches Pensum von mindestens 10% bzw. 4 Arbeitsstunden voraus und erfordert die Bereitschaft, Einsätze in beiden Alterszentren zu leisten. Das Konzept spricht insbesondere Personen an, die Familie und Beruf flexibel kombinieren möchten, sich für einen flexiblen Zwischen- oder Zusatzverdienst interessieren oder Wiedereinsteiger:innen sind. Mithilfe einer App können die Pool-Mitarbeitenden ihre freien Kapazitäten angeben und die Alterszentren können bei Bedarf darauf zugreifen.
Das «Total Workforce Management 2.0» ist im Schweizer Gesundheitswesen angesichts des wachsenden Fachkräftemangels eine wegweisende Strategie. Die Identifizierung zentraler Themen wie dem Workforce Life-Cycle, der Rolle des HR als Architekt und der Anpassung an Flexibilitätsansprüche markiert einen wichtigen Schritt, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Anhand von Praxisbeispielen wie dem Total Workforce Ansatz der universitären Altersmedizin von Felix Platter und der "Care Resco Pflege-Community" wird deutlich, wie Gesundheitsinstitutionen durch innovative Ansätze die Zukunft der Arbeit im Gesundheitssektor gestalten können.
Sie möchten mehr zu diesem Thema erfahren? Melden Sie sich an zum Webinar "Total Workforce Management 2.0 im Schweizer Gesundheitswesen" - Mittwoch, 13. März 2024. Erfahren Sie, wie Strategien wie der Workforce Life-Cycle und die Anpassung an Flexibilitätsansprüche die Zukunft der Arbeit im Gesundheitssektor prägen können. Anhand des Erfahrungsberichts von Katrin Held, Leiterin Pflegepool der Universitären Altersmedizin Felix Platter wird aufgezeigt, wie Gesundheitsinstitutionen diese Herausforderungen erfolgreich angehen können. Ausserdem werfen wir einen Blick auf die Digitalisierungsmöglichkeiten im Total Workforce Bereich mit Denis Rechsteiner, Geschäftsführer von intemp.ch.
Quellen:
Alexandra arbeitet als HR-Strategie und Total Workforce Management Consultant bei HR Campus und berät diverse Kunden nach dem Motto «HR ist die Seele eines Unternehmens und die Seele macht uns zu dem, was wir sind».
Stefan arbeitet als Consultant für Gesundheitsbetriebe und für das Produkt POLYPOINT PEP bei HR Campus. Er ist Betriebsökonom und ehemaliger PEP-Applikationsverantwortlicher.
Publiziert am: 1. März 2024