Das Performance Management ist im Wandel. Wegen fehlender Agilität drohen Digitalisierungsstrategien zu scheitern.
Unternehmen müssen agil sein oder zumindest versuchen, es zu werden. Wenn sich die Organisation träge und hierarchisch zeigt, kann auch die modernste Software nicht den gewünschten Quantensprung herbeiführen.
Soweit so gut. Logisch also, dass auch das HR auf den Zug aufspringen muss und sich die Frage stellt, mit welchen Hebeln die maximale Wirkung erzielt werden kann. Da drängt sich der klassische MbO-Prozess auf, mit dem uns alle eine innige Hass-Liebe verbindet.
Machen jahresbezogene Ziele heute noch Sinn? Schon vor mehr als 15 Jahren begannen die Controller sich mit Konzepten wie Beyond Budgetierung auseinanderzusetzen, wobei es darum ging, die jährlichen frozen Budgets durch flexiblere, sprich agilere, Modelle zu ersetzen. Warum? Damit Manager aufhören, einem sinnlosen Jahresbudget hinterherzurennen und die eigentlich essentiellen Business Herausforderungen zu ignorieren. Weil Budgeteinhaltung = Zielerfüllung = Bonus = neues Auto = Prestige. Die Rechnung geht auf!
Sind wir doch ehrlich, viele Mitarbeiter- und Teamziele sind auch heute noch Budgetziele. Unter anderem, weil sich diese so schön einfach messen lassen. Da läuft ein Account Manager sich gerne die Füsse wund, um die fehlenden Tausender durch Neukunden reinzuholen. Dass nebenbei vielleicht ein langjähriger Grosskunde den Vertrag kündigt, was allenfalls vermeidbar gewesen wäre, spielt keine Rolle, wenn die Zielvereinbarung auf Neukundengewinnung ausgelegt ist. Der gesunde Menschenverstand unterliegt der Macht des MbO-Prozesses.
Endlich kommt ein Umdenken in Sicht. Weg von starren Zielen, Schluss mit zu langfristigem Jahresdenken, hin zu agilen Zielen und fortlaufendem Coaching, kurzen Feebackschleifen und begeisterten Mitarbeitenden. Es klingt zu schön um wahr zu sein. Sogar die Softwarehersteller rücken mit neuen Lösungen heraus, welche diese Agilität in der Führung unterstützen.
Aber wollen wir das alle? Und können wir das überhaupt alle? Sind Vorgesetzte wie auch Mitarbeitende allenfalls mit diesem Coaching-Ansatz total überfordert? Wer ein grosses Team führt, weiss um die Problematik. Regelmässige, wenn auch kurze, bilaterale Abstimmungen mit jedem einzelnen Teammitglied führen rasch zu einem explodierenden Kalender. Macht das überhaupt für alle Mitarbeitenden Sinn?
Perfekt wäre nun ein sogenanntes situatives Performance Management. Für die einen Mitarbeitenden ein bisschen mehr Coaching und stärkere Dynamik, für die anderen genügt ein klassisch jährlicher Ansatz. Wie dynamisch ist das Arbeitsumfeld der jeweiligen Person, welchen Reifegrad hat der Mitarbeiter selbst sprich wieviel Führung benötigt er überhaupt?
Damit aber haben wiederum die HR Abteilungen ihre liebe Mühe. Denn wie soll HR Transparenz und Qualität sicherstellen, wenn jedes Vorgesetzten-Mitarbeiter-Gespann Performance Management anders interpretiert? Und fehlende Führung allenfalls regelrecht verschleiert wird hinter dem dehnbaren Kaugummibegriff der situativen Führung?
Bevor HR also die bestehenden Prozesse schnell mal auf den Kopf stellt, empfiehlt sich ein gründlicher Kulturcheck. Welche Führungskultur herrscht im Unternehmen? Wie wichtig ist der MbO-Prozess und wird er wirklich gelebt oder nur erduldet? Die Praxis zeigt, dass HR-IT Tools zur Unterstützung des Performance Prozesses nur Mehrwert bringen, wenn der Prozess an sich von innen heraus gelebt wird und eine durchgängige Akzeptanz findet. Wenn Vorgesetzte beim Gedanken an «Continuous Performance Management» allein den zeitlichen Mehraufwand sehen und Mitarbeitende das Gefühl haben, noch stärker gegängelt zu werden, dann ist Vorsicht geboten
Ein erster Schritt in die richtige Richtung kann aber darin bestehen, die Themen Leistungsbeurteilung und Bonus systemisch voneinander zu trennen. Die starre Verknüpfung der Leistungsbeurteilung mit dem Bonus verhindert eine echte Auseinandersetzung mit der Leistung, geht es doch im Hintergrund per se um die «Verteidigung» des Bonus. Unternehmen tun gut daran, die Bonusverteilung nicht an individuelle Ziele zu knüpfen, sondern an übergeordnete unternehmensweite Ziele. Mitarbeitende und Manager arbeiten dann nicht mehr mit Tunnelblick an «ihren» Zielen sondern erkennen das «grosse Ganze». Zudem werden der Teamgedanke und das Miteinander gestärkt.
Wenn Mitarbeitende ihren Beitrag und den ihrer Kollegen/innen zum Erfolg des Unternehmens verstehen, dann ist ein erster wichtiger Schritt zum agilen Performance Management gemacht. Dann bekommen regelmässige bilaterale Feedback-Gespräche Sinn und werden nicht als Kontrolle empfunden. Vielmehr stellen sie ein wertvolles Werkzeug zur fortlaufenden Adjustierung der Ziele an verändernde Gegebenheiten dar und dienen der kontinuierlichen Verbesserung auf dem Wege zur gemeinsamen Zielerreichung.
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Publiziert am: 13. September 2017