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Mindsets versus Skill Sets

Future Mindsets sind wichtiger als Skill Sets

Mindsets versus Skill Sets

Der Diskussion um Nachhaltigkeit kann man sich heute nicht entziehen. Doch welche Skill Sets werden benötigt, um Unternehmen nachhaltig zu machen? Sich zu sehr auf Skills zu konzentrieren, muss nicht unbedingt zielführend sein.

Impulskommentar von Philippe Dutkiewicz / Copadata

Das Interesse am Thema Nachhaltigkeit ist seit einigen Jahren konstant hoch und hat laufend zugenommen. Google Trends liefert ein klares Bild zu den „Sustainability development goals“. Funfact dazu: Immer an Weihnachten und in den Sommerferien nimmt das Interesse am Thema stark ab. Trotz des anhaltenden Interesses hat man echte Antworten in vielen Ländern bisher vor allem hinausgeschoben. Anders ist nicht zu erklären, warum ein durchschnittlicher Pkw in der Schweiz noch immer 120 g CO2/km ausstösst oder warum 75 Prozent der Schweizer Gebäude noch immer mit Erdöl oder Erdgas beheizt werden. In der Schweiz ist wenigstens der Strom noch sauber, was den CO2-Ausstoss angeht. Energiewende hin oder her, in Deutschland ist die Situation noch absurder. Fast 40 Prozent vom Strom werden noch immer mit Kohle oder Erdgas produziert und es ist immer noch hip, mit 200 km/h über die Autobahn zu brettern und 20 Liter pro Kilometer zu verbrennen. Grün ist cool, aber besser der Nachbar kümmert sich darum. Nicht nur in der Schweiz oder Deutschland, sondern überall in Europa. Ausser vielleicht in Dänemark, aber mehr dazu später. Was bisher immer gefehlt hat in dem Thema Nachhaltigkeit, war ein echter Impuls.

Corona als Impuls für die Digitalisierung

In einem anderen Thema war dies ähnlich – in der Digitalisierung. Ein Beispiel aus dem HR: Unzählige Unternehmen leisteten sich teure, ineffiziente Prozesse und hohe Fluktuationen, aber niemanden interessierte es wirklich, da die Kosten irgendwo im Overhead versteckt waren. Dann kam Corona und man merkte, dass man Mitarbeitende nicht einfach nach Hause schicken kann, obwohl man muss. Auf einmal begannen die Investitionen zu sprudeln. In Hau-ruck-Übungen wurden Prozesse digitalisiert. Ob Mitarbeitende im HR und darüber hinaus die Fähigkeiten dazu hatten, danach fragte niemand. Konsequenzen nahm man in Kauf: hohe Projektkosten, suboptimale Kaufentscheidungen, Überforderung und vieles mehr. Nötig wäre das nicht gewesen. Dass man etwas machen müsste, wusste man schon lange. Was der Trigger oder Impuls im Thema Nachhaltigkeit sein wird, ist noch schwieriger abzuschätzen. Es wird wohl auch nicht einen Impuls wie bei Corona geben, sondern unterschiedliche je nach Industrie. Aber die Impulse werden kommen. Beispiele gibt es viele: ein Verkaufsverbot von Verbrennungsmotoren, Ölheizungen und Plastikverpackungen oder massive Preisanstiege. Schon jetzt ist klar, dass diese Impulse stark sein werden und ganze Industriezweige auf den Kopf stellen werden. Die Frage ist, was man heute schon machen kann, um sich darauf vorzubereiten. Dies aus Gesamtunternehmenssicht zu beantworten, wäre fast schon eine Anmassung. Aus Sicht des HR ist die Antwort aber relativ klar: auf die richtigen Mitarbeitenden setzen und diese vorbereiten. Und zwar mit dem richtigen Mindset und Skill Set. Mindset bezeichnet die Denkweisen, Überzeugungen und Haltung eines Menschen (z. B. offen sein für Neues). Skill Set beschreibt das Kompetenzprofil eines Mitarbeitenden (z. B. Fachwissen für Verbrennungsmotoren).

Mindset versus Skill Set

Welches Skill Set in welcher Branche und welchem Unternehmen genau benötigt wird, ist sehr schwierig zu beantworten. Wäre ich der CEO von VW, wäre für mich aber die allerwichtigste Frage, wie ich möglichst rasch an die besten Softwareentwickler der Welt komme. Und zwar möglichst gestern. Das Schöne aber für den CEO ist, dass man Skills lernen oder teilweise fast schon wie eine Ware einkaufen kann. Beim Mindset ist dies etwas schwieriger. In der Schweiz lief im vergangenen Sommer beispielsweise gerade eine Pflegeinitiative, um die Arbeitssituation der Pflegenden in Spitälern zu verbessern. Eigentlich sehr begrüssenswert. Es ist aber fast schon traurig zu lesen, in welchem Mindset die halbe Branche gefangen ist. Ein Satz aus dem Initiativtext: „Sie stellen sicher, dass eine genügende Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen für den zunehmenden Bedarf zur Verfügung steht und dass die in der Pflege tätigen Personen entsprechend ihrer Ausbildung und ihren Kompetenzen eingesetzt werden“. Das schreit nach Ressourcenplanung. Nach einem Mindset, bei dem Mitarbeitende wie Produktionsmaterial eingeplant und eingesetzt werden. In der Schweiz omnipräsent. Mit diesem Mindset ist kaum zu erwarten, dass sich etwas für diese Mitarbeitenden verbessern wird. Während Corona ist dieses ganze System der starren Ressourcenplanung und strengen Hierarchien in vielen Gegenden komplett kollabiert. Mit einem anderen Mindset – teilen von Mitarbeitenden über Spitäler hinweg, Selbstorganisation, Wertschätzung der Mitarbeitenden und vielem mehr – hätte man gewisse Effekte zumindest etwas abfedern können.

Sich zu sehr auf Skills zu konzentrieren, um ein Unternehmen nachhaltig zu machen, ist daher gar nicht unbedingt zielführend. Martin Winterkorn, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von VW, hätte damals noch so viele Elektroingenieure einstellen können. Mit einem Mindset à la „Benzin im Blut“ der Geschäftsleitung hatten diese Ingenieure absolut null Chancen gegen Tesla. Mit Herbert Diess, dem neuen Vorsitzenden, hat sich das geändert. Vom Skill Set her ebenfalls ein Maschinenbauer. Vom Mindset her aber ein Umbauer und kein Verzögerer. Einer, der weg will vom Verbrenner. Die Aktionäre können sich darüber nur freuen (+55 Prozent in fünf Jahren), auch wenn es noch ein weiter Weg ist, um zu Tesla aufzuschliessen. Bei BMW weht noch immer ein anderer Wind von ganz oben. Man setzt noch immer auf Plattformen, die für alle Antriebsarten ausgelegt sind. Darüber können sich die Aktionäre weniger freuen (+9 Prozent in fünf Jahren), auch wenn Oliver Zipse, der amtierende Vorstandsvorsitzender von BMW, eigentlich gelernter Informatiker ist und die Skills haben sollte.

Ferien in Dänemark

Und nun nochmals zurück zu Dänemark. Dort scheint die Kultur oder eben das Mindset wirklich einen Unterschied zu machen. Dänemark ist insbesondere in Bezug auf die niedrige Sterblichkeitsrate ziemlich glimpflich durch die Pandemie gekommen. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung in einem Ländervergleich bezüglich der Krankenhausstrukturen während Corona stützt diese Tatsache: „Hervorzuheben ist, dass die Definition von Spezialisierung im dänischen Gesundheitssystem nicht statisch ist, sondern sich dem technologischen Wandel und den erworbenen Kenntnissen des Personals anpasst.“ Das Resultat kennt man. Dänemark konnte die Kapazitäten rasch ausweiten und später wieder rasch in einen regulären Betrieb übergehen, was geholfen hat, den „Operationsstau“ rasch wieder abzubauen. Dänemark prescht auch in Sachen Klimawandel voran und macht diesen sogar zum Geschäftsmodell. Für 28 Milliarden werden gigantische Windparks in der Nordsee gebaut, um den Energiehunger der südlichen Nachbarn zu stillen. Nicht ganz ernst gemeint, aber vielleicht wirklich nicht verkehrt – eine Idee, um Ihre Mitarbeitenden auf Wandel vorzubereiten, wäre, sie nach Dänemark in den Urlaub zu schicken.

Publiziert am: 12. April 2022

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