Eine Perspektive von aussen.
Pflegende und Ärzte sind unsere letzte Versicherung. Sie zahlen täglich mit einem hohen Einsatz den Preis für ein gut funktionierendes Gesundheitssystem. Das HR hat die Aufgabe, sich um diese stark beanspruchten Mitarbeitenden zu kümmern. Wir gehen der Frage nach, wie gut dies heute gelingt und wo man Akzente setzen kann.
Heime und Spitäler: «Heim» kommt aus dem mittelhochdeutschen und bedeutete ursprünglich «Ort, wo man sich niederlässt». Spital ist aus dem hinteren Teil des Wortes «hospitalis» abgeleitet, bedeutete ursprünglich also gastlich oder gastfreundlich. Gesundheitseinrichtungen machen diesem Namen heute immer noch alle Ehre. Geht es mir wirklich schlecht, weiss ich, dass mir geholfen wird. Ohne Wenn und Aber. Egal ob ich unangenehm rieche, egal ob ich hoch ansteckend bin. Ich kann mich auf das Spitalpersonal verlassen. Fussballspieler sind mir egal: Persönlich bin ich wirklich Fan von Pflegenden und Ärzten. Dieser fast schon bedingungslose Fokus auf den Patienten hat aber auch seinen Preis. Diesen Preis zahlen oft die Mitarbeitenden in den Spitälern. Sie setzen sich ansteckenden Krankheiten aus, sie arbeiten in einem Umfeld, in dem es extrem schwierig ist, Skaleneffekte zu erzielen, sie sind starker psychischer Belastung ausgesetzt und sie kämpfen mit sehr speziellen sowie langen Arbeitszeiten. Es gibt aber einen Bereich in jedem Heim und Spital, welcher die Aufgabe hat, sich um genau diese stark beanspruchten Mitarbeitenden zu kümmern: Das HR. Eigentlich auch ohne Wenn und Aber. Doch es stellt sich die Frage, wie gut dieses HR seinen Job macht und ob den Kunden vom HR auch die gleiche Gastfreundlichkeit entgegengebracht wird. In den vergangenen Jahren haben wir eine Vielzahl von Unternehmen auf die Qualität Ihrer HR-Prozesse untersucht. Allein während des letzten Jahres haben wir das HR auch in der ganzen Breite bei zehn Spitälern mit HR-Teams einer Selbstevaluation unterzogen.
Im HR kann man zwischen wertschöpfenden und nicht wertschöpfenden HR-Prozessen unterscheiden. Wenig wertschöpfend ist zum Beispiel der Lohnprozess. Einen solchen Prozess kann man durchaus als Hygienefaktor bezeichnen: Wenn er immer sauber durchläuft, sind alle froh. Es sagt niemand: «Bravo, dass du meinen Lohn pünktlich gezahlt hast.» Das wird erwartet und man hat schon von Gesetzes wegen keine andere Wahl, als diesen Prozess richtig auszuführen. Diese wenig wertschöpfenden Prozesse sind typischerweise sehr administrativ. Talentprozesse hingegen können, wenn man sie gut macht, einen grossen Wertbeitrag leisten. Mit der Personalauswahl bestimmt man, welches Unternehmen man ist. Mit Zielsetzungsprozessen steuert man den Fokus im Unternehmen und kann Mitarbeitende motivieren oder demotivieren. Mit einer guten Mitarbeiterentwicklung bindet man Mitarbeitende langfristig.
Das HR kann durchaus mitbestimmen, ob ein Spital in der ersten Liga spielt oder nicht. Erstaunlicherweise fokussieren sich aber heute die meisten Spitäler sehr stark auf administrative Tätigkeiten. Im Schnitt gaben die HR-Teams an, sich zu 60 % auf administrative Tätigkeiten zu fokussieren. Das zeigt sich auch beim Digitalisierungslevel: In die Digitalisierung der Saläradministration und Zeiterfassung wurde bereits relativ viel investiert. Ebenso in Themen wie Organisations- und Stammdatenmanagement. Also in Lösungen, welche vor allem das HR nutzt. Lösungen für Self Services für Mitarbeitende, wie beispielsweise für das On- und Offboarding, HR Portale oder Reisen- und Spesenmanagement-Lösungen kommen weniger breit zum Einsatz. In reinen Talentthemen (Bewerbermanagement, Zielsetzungsprozesse usw). ist die Situation gemischt. Es ist schwierig zu beantworten, an was dies genau liegt. Den Finger auf das HR zu richten, wäre zu einfach. HR-Abteilungen in Spitälern arbeiten in einem Umfeld, indem es schwierig ist, mitarbeiterzentrierte digitale Prozesse und Self Services zu etablieren. Mögliche Hypothesen:
Gelingt es aber ein «gutes» HR in Spitälern und Gesundheitseinrichtungen zu etablieren, kann man einen grossen Wertbeitrag erwarten. In einer Studie mit 283 kanadischen Altersheimen wurde bereits vor fast 20 Jahren gezeigt, dass in Institutionen mit einer starken Partizipation und enger Betreuung von Mitarbeitenden eine höhere Zufriedenheit der Kunden resultiert. Verschiedenste Studien haben gezeigt, dass gutes Recruiting und Staffing dazu beiträgt, bessere Outcomes bei Patienten zu erreichen (z.B. tiefere Sterblichkeit). Weiter kann man ein besseres Wohlbefinden sowie eine tiefere Fluktuation erwarten. Was gutes HR genau bedeutet, muss nicht in jedem Fall gleich sein. Doch mit einigen Handlungsmaximen kann schon einiges erreicht werden:
Publiziert am: 29. März 2021