Wie man eine HR-Abteilung erfolgreich digitalisieren kann.
Eine gelungene Digitalisierung bedeutet vor allem eins: Das HR gewinnt Zeit für wertstiftende Tätigkeiten und Routinearbeiten rücken in den Hintergrund. Doch an welchen Hebeln muss man ziehen, um das HR erfolgreich zu digitalisieren?
Der Aufgabenbereich einer HR Managerin ist sehr breit. Je mehr Zeit sie für Saläradministration oder Spesen verbringt, desto weniger Zeit hat sie für Themen wie Employer Branding oder Talentmanagement. Mit einem guten Employer Branding kann man sich als Unternehmen am Markt differenzieren, mit einem pünktlich ausgezahlten Lohn kaum. Ziel der Digitalisierung soll es sein, den HR-Mitarbeitenden als Taktgeber ins Zentrum zu stellen und Routinearbeiten zu vereinfachen oder zu eliminieren. Das Harvard Business Review dokumentiert diesen Zusammenhang in einer Studie1 wie folgt: Vorreiter in der Digitalisierung sind typischerweise auch die Vorreiter in ihrer Industrie. Wer in seiner Branche also wettbewerbsfähig und Marktführer sein will, muss seine HR-Werkzeuge auf dem aktuellen Stand halten. Wir zeigen Ihnen, welche drei Hebel Ihnen zur Verfügung stehen, um dies zu bewerkstelligen.
Viele Unternehmen nehmen einen alten RFP Request for Proposal oder bestehende Prozessdokumentationen und suchen basierend auf diesen eines oder mehrere Tools. Doch die hinterlegten Anforderungen sind oft aus der Zeit, als das Nokia 8210 noch der letzte Schrei war. Ein SMS war auf 160 Zeichen limitiert, Emojis gab es nicht und auf einer Taste waren jeweils drei Buchstaben. Basierend auf den damaligen Rahmenbedingungen entwickelte sich so etwas wie eine SMS-Sprache. Nur: Wer kennt heute noch Nokia? Niemand würde gegenwärtig auf die Idee kommen, ein Gerät zu suchen, welches vor allem Tasten mit gutem Druckpunkt hat. Im HR kommt es jedoch viel zu oft zu ähnlichen Begebenheiten.
Ein grosser Industriekonzern hat beispielsweise ein Spesentool gekauft und versuchte dieses über die bestehenden Länderorgansiationen und Richtlinien zu stülpen. Die Richtlinien, die Zahlungsmittelstrategie und Reiseorganisation waren völlig veraltet. Fünf Jahre später reichen die meisten Mitarbeitenden ihre Spesen noch immer über ein Excel ein und das HR hat nach wie vor keine Ahnung, ob die Richtlinien befolgt werden oder nicht.
Ein globaler Chemiehersteller hat es anders gemacht: Aufgrund umfassender Reporting-Möglichkeiten sowie der Zusammenfassung aller Spesenausgaben in einem Tool, wurden die globalen Richtlinien sowie die Zahlungsmittel harmonisiert. Alle Mitarbeitenden in 29 Ländern nutzen heute den gleichen Spesenprozess, die gleichen Spesentypen und es kommen die gleichen Prüfmechanismen zum Zug. Nur rechtliche Aspekte wurden lokalisiert. Der Aufwand für den Spesenprozess hat sich massiv verkleinert und die Gesamtkosten wurden verringert.
Bevor Sie also stark in die Digitalisierung investieren, ist es wichtig zu verstehen, was für ein Ziel Sie damit verfolgen und wie dieses mit den heutigen technischen Möglichkeiten erreicht werden kann. Packen Sie gleichzeitig Ihre Prozesse und Richtlinien an. Bringen Sie diese auch auf den heutigen Stand. Was sie die letzten 20 Jahre gemacht haben, sollte ein weniger grosses Gewicht haben.
Bei der Digitalisierung geht man heute oft von den Anforderungen im HR aus. Das ist falsch. Das HR sollte seine «Kunden», also die Mitarbeitenden in den Vordergrund stellen. Auch diese Vorgehensweise lässt sich illustrativ aufzeigen.
Das HR bei einem Schweizer Verpackungsunternehmen ist verhältnismässig zufrieden mit seinen Prozessen. Man zahlt die Löhne pünktlich und die Arbeitszeiten werden korrekt erfasst. In den letzten Jahren wurde viel Geld und Zeit in eine On-Premise-Lösung investiert. Diese Investitionen möchte man nun schützen und hält Innovationen zurück. Einziges Problem dabei: Viele Mitarbeitende im Unternehmen sind höchst unzufrieden. Auf Kununu dümpelt man im letzten Drittel der Bewertungen. Das HR ist sicher nicht alleine für die Situation verantwortlich, leistet mit den gegenwärtigen Prozessen aber keinen positiven Beitrag. Ausserdem ergeben sich Risiken für das Unternehmen, weil beispielsweise Bewerberprozesse nicht datenschutzkonform ablaufen. Bewerberdossiers werden per Mail herumgeschickt und unter Umständen nicht rechtzeitig gelöscht.
Ein Private-Equity-Unternehmen auf der anderen Seite stellt seine Mitarbeitenden konsequent ins Zentrum und bietet fast alle Services über eine Cloud-Plattform an. Das Unternehmen ist extrem erfolgreich und zieht die besten Talente im Sektor an. Auch hier ist das HR nicht alleine dafür verantwortlich, aber durch reibungslose administrative Prozesse kann sich dieses stark auf mitarbeiterrelevante Themen wie Employer Branding, Well-being und Talentmanagement fokussieren.
Erarbeiten Sie eine HR-Vision und Strategie und stellen Sie dabei Ihren Kunden, den Mitarbeitenden ins Zentrum. Überlegen Sie sich, welchen Mehrwert sie als HR Ihren Kunden bieten wollen. Nutzen Sie einfache, gängige Werkzeuge wie das Business Model Canvas oder Value Curves von Kim & Mauborgne, um diesen Nutzen herauszukristallisieren. Identifizieren Sie, in welchen Themen Sie den grössten Mehrwert bieten können und beginnen Sie dort mit der Digitalisierung. Schrecken Sie nicht davor zurück, laufende und starre Prozesse zu hinterfragen, insbesondere dann, wenn diese Sie an einer Modernisierung hindern.
HR ist eine Ansammlung von Dutzenden ineinandergreifenden Prozessen. Für jeden kleinen und grossen Prozess gibt es unzählige Tools. Alleine für Performance Management gibt es über 300 Lösungen2. So gut manche dieser Tools sind, so wenig bringen sie, wenn sie nicht Teil einer Digitalisierungsstrategie sind.
BMW produziert heute den i3 mit einer relativ kurzen Reichweite von 200 km und stellt keine Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Wie bereits in den letzten 20 Jahren müssen Besitzer in eine Garage fahren, um ein Software-Update durchführen zu können. Das Unternehmen war 2013 einer der ersten Hersteller, der die Serienproduktion von Elektroautos startete. BMWs Entwicklungschef, Klaus Fröhlich, kommt heute zum Schluss, dass sich Menschen einfach noch immer nicht wirklich für Elektroautos interessieren.
Tesla wiederum verfolgt ein anderes Modell. Das Unternehmen bietet ein Netzwerk von mehr als 1'300 Ladestationen und verkauft Fahrzeuge mit Reichweiten zwischen 300-600 km. Die Fahrzeuge werden regelmässig over-the-air upgedated. In mehreren Ländern ist das aktuelle Model 3 das meistverkaufte Fahrzeug seiner Klasse. Während Tesla das Thema End-to-End durchgedacht hat, fokussierte sich BMW auf die technische Lösung. Resultat ist, dass Sie heute mit einem Tesla völlig problemlos von Schweden nach Sizilien fahren können. Mit einem i3 wird dieses Unterfangen aber wegen unterschiedlicher Stecker, Ladestandards, langer Ladezeiten, schlechter Aerodynamik usw. zu einer ziemlichen Geduldsprobe. Eine weitere Konsequenz ist, dass BMW heute massiv Markteinteile an Tesla verliert. In den USA werden heute mehr Tesla Model 3 als Autos in der gleichen Klasse von BMW, Audi und Mercedes zusammen verkauft. Ohne Werbung und ohne Rabatte.
Gehen Sie HR-Digitalisierung als Ganzes an. Auch wenn Digitalisierung typischerweise ein iterativer Prozess sein kann, ist es wichtig, eine Strategie dafür zu haben. Nur so können Sie Medienbrüche minimalisieren, Aufwände reduzieren und eine optimale Employee Experience garantieren. Haben Sie die Lösungen gewählt, lassen sich diese noch weiter verbinden und optimieren, über verschiedene Arten von Integrationen. Ein Beispiel für Benutzerintegration wäre hier ein Chatbot, mittels welchem verschiedene Services abgerufen werden können. Das Tool im Hintergrund interessiert den Mitarbeitenden dabei nicht. Prozessintegration erlaubt beispielsweise mittels RPA Robotic Process Automation toolübergreifende Prozessschritte im Onboarding stark zu automatisieren. Dies kann zum Beispiel den automatischen Versand von Richtlinien sowie Kurseinladungen bei Eintritten vereinfachen. Und über klassische Systemregistration, also Schnittstellen und APIs, wird der Datenabgleich zwischen verschiedenen Lösungen gewährleistet.
Ein Rezept für eine erfolgreiche Digitalisierung im HR gibt es nicht. Dafür sind die Ausgangslagen zu verschieden. Mit folgenden Schritten lassen sich aber viele Stolpersteine verhindern:
¹ https://c1.sfdcstatic.com/content/dam/web/en_us/www/assets/pdf/misc/hbr-report-salesforce.pdf
Publiziert am: 2. September 2019