Bild von Ein Blick in die Zukunft

Fachartikel

HR Campus

Ein Blick in die Zukunft

HR Services sind so alt wie HR selbst. Jede Personalabteilung bietet Services an, auch wenn diese nicht immer als Service empfunden werden. Was ist neu am Thema HR Services und warum sollte sich jede HR-Abteilung eingehend mit einem Serviceangebot auseinandersetzen?

Ein Trend jagt den nächsten. Megatrends wie Digitalisierung und Big Data machen auch vor dem HR nicht halt. Die Erwartungshaltung ist klar: Das HR muss «etwas» tun. Aber könnte das Ganze vielleicht ein wenig präziser sein? Warum nicht, anstatt sich von Trend zu Trend wehen zu lassen, das Thema HR-Administration wieder auf den Radar nehmen? Langweilig? Weit gefehlt. Denn genau hier können die neuen Technologien perfekt in Szene gesetzt werden.

Bereits vor mehr als 25 Jahren erlebte das Thema HR-Administration einen Hype und gipfelte in der reihenweisen Einführung von Software für die Lohnbuchhaltung. Auch Business Process Outsourcing der HR-Administration erlebte schon in den 90er Jahren einen ersten Höhenflug – und sein erstes Scheitern. Warum? Weil die bestehenden Probleme durch Outsourcing lediglich vom Unternehmen zum Dienstleister verlagert wurden. Und weil etwas Entscheidendes vergessen wurde: die Mitarbeitenden. Heute erlebt das Thema eine Renaissance. Doch worauf müssen HR-Abteilungen ihr Augenmerk legen, um Misserfolge zu verhindern?

Den Kunden ins Zentrum stellen

Die erste HR-Optimierungswelle hatte das HR selbst im Visier. Es ging darum, die Abläufe im HR zu straffen. Wechselt man jedoch die Perspektive und sieht das HR als Dienstleister, dann bedeutet das, die Bedürfnisse und Erwartungen der Kund:innen – sprich der Mitarbeitenden – in den Mittelpunkt zu stellen.

Auf dieser Grundlage kann ein HR-Servicekatalog erarbeitet werden. Das ist jedoch nicht nur einfache Büroarbeit, sondern harte Knochenarbeit. Denn hinter jedem Service steht ein klar definiertes Leistungsversprechen, das nicht nur inhaltlich, sondern auch in puncto Erfüllungszeit, Fehlerquote und weiteren Qualitätsparametern in ein Service Level Agreement überführt und transparent kommuniziert werden muss. Wenn Mitarbeitende beispielsweise wissen, dass die Simulation einer Frühpensionierung zwei Wochen Durchlaufzeit benötigt, werden sie nicht täglich nachfragen, warum sie noch nichts erhalten haben.

Wie jeder Service Provider muss auch das HR seine Dienstleistungen kontinuierlich und systematisch optimieren. Der Zyklus der kontinuierlichen Leistungsverbesserung, bestehend aus Auswerten, Analysieren und Verbessern, muss ins Rollen kommen.

Selber machen oder abgeben?

Geht man einen konsequenten Weg der Serviceorientierung, können die Services mit internen Verrechnungspreisen versehen werden. So kann die Personalabteilung tatsächlich in den Wettbewerb mit externen Anbietern treten und prüfen, ob die eigenen Kosten marktgerecht sind oder ob es Sinn macht, bestimmte Leistungen auszulagern. Bessere Skalierbarkeit, höhere Kostentransparenz oder die Aushandlung harter «Strafen» bei Nichteinhalten der vereinbarten Qualitätskriterien sind nur einige der möglichen Argumente.

Business Process Outsourcing ist keine Frage des «Alles oder Nichts», denn auch einzelne Services können problemlos ausgelagert werden. Eine HR-Organisation kann beispielsweise zum Schluss kommen, dass nur der Spesen- oder der Zeugnisprozess ausgelagert werden soll.

Entscheidend für den Erfolg ist eine glasklare Abgrenzung zwischen externer und interner Leistungserbringung. Wer ist die erste Anlaufstelle der Mitarbeitenden für HR-Themen? Das Servicemodell, bestehend aus First Level und Second Level Support, muss konfliktfrei und für alle verständlich definiert sein.

Die HR Cloud im Aufwind

Der Megatrend Cloud gibt dem Thema Business Process Outsourcing neuen Aufwind, da moderne Cloud-Lösungen den Zugang zu State-of-the-Art-Technologie stark vereinfachen.

Aber Achtung: Am Anfang steht der Prozess und nicht die Software! Einen schlechten Prozess in die Cloud zu überführen, führt einfach zu einem schlechten digitalen Prozess – und damit zu einem schlechten HR Service.

Dennoch macht der Weg in die Cloud das HR zweifellos glücklich(er). Da moderne Cloud-Lösungen in Rekordzeit startklar gemacht werden können, kann das HR schnell und flexibel mit neuen Services auf veränderte oder neue Bedürfnisse reagieren, anstatt die HR-Energie in monatelangen IT-Projekten zu binden. Dasselbe gilt natürlich in fast noch grösserem Mass für externe HR Service Provider, die die Cloud nutzen, um neue Services am Markt anzubieten. Kund:innen profitieren von sinkenden Servicegebühren, da der Service Provider seinerseits von geringeren Betriebskosten profitiert. Zugleich sinkt der Aufwand, um neue Kund:innen in den operativen Betrieb zu überführen, massiv.

Sparpotenzial mit HR Ticketing

Ein wesentlicher Beitrag zur Servicequalität liegt in der Bearbeitung von Mitarbeitendenanfragen. Genau hier liegt noch viel ungenutztes Optimierungspotenzial. Wenn es gelingt, dass sich ein Grossteil der HR-Anfragen von alleine erledigt, wird das HR effizienter. Auf den Punkt gebracht heisst das: HR ist rund um die Uhr geöffnet – eine virtuelle Personalabteilung auf Abruf. In einer zentralen Wissensdatenbank finden Mitarbeitende Informationen zu Reglementen, Antworten auf brennende Fragen und vieles mehr. Dank intelligenter Suche kann ein grosser Teil der Anfragen beantwortet werden, ohne dass das HR aktiv werden muss. Übrigens arbeitet jede IT Hotline, wie wir alle wissen, nach diesem Prinzip: Erst wird geprüft, ob die Antwort auf das eigene Problem bereits vorhanden ist.

HR Ticketing ist daher die Zauberformel für echte Effizienzsteigerungen im HR.

Damit jedoch mindestens 80 Prozent aller Anfragen im Keim erstickt werden können, muss das HR einiges tun. Abgeschlossene HR-Tickets müssen analysiert werden, um Schwachstellen zu identifizieren. Neues Wissen wandert in die Wissensdatenbank, und veraltete Informationen werden regelmässig ausgemistet. Dafür braucht das HR einen Wissensmanager und die passende unterstützende Technologie.

Die Softwarehersteller haben dieses Potenzial erkannt. Der Markt bietet bereits einige exzellente Werkzeuge, die perfekt auf die Bedürfnisse des HR zugeschnitten sind und nicht «nur» eine Kopie eines klassischen Ticketsystems darstellen.

Und was kommt morgen?

Künstliche Intelligenz und Big Data sind der Schlüssel für vorhersagbare Services. Die Zutaten: Daten, Daten und noch mehr Daten sowie selbstlernende Software, die auf Deep Learning-Algorithmen basiert. Anhand der unendlichen Menge an auswertbaren Daten können Anfragen nahezu vorhergesehen und Trends identifiziert werden, bevor sie effektiv real werden. Insbesondere in grossen Organisationen kann so die Skalierbarkeit von HR-Ressourcen sowohl quantitativ als auch qualitativ massiv optimiert werden.

Im Kleinen funktioniert das bereits heute: Man weiss auch ohne künstliche Intelligenz, dass ein bis zwei Tage nach dem Versand der Lohnabrechnungen vermehrt Anfragen zur Lohnabrechnung auftauchen.

Die Schattenseite der Vorhersehbarkeit?

Der gläserne Mitarbeitende lässt grüssen. Anhand von Big Data könnte das HR sogar im Voraus wissen, ob eine Person überlastet ist, wann und wo sie in die Ferien fahren möchte und ob vielleicht ein Familiennachwuchs oder eine Scheidung ansteht. Aber wollen wir das wirklich?


icon-fullscreen Stamp Icon-Print Icon-Clear