Die Nachfolgeplanung lässt sich mit einer Partie Schach vergleichen: Es reicht nicht, nur den nächsten Spielzug zu planen. Viel wichtiger ist es, bereits die nächsten drei, vier oder fünf Züge im Blick zu haben. Doch wie sinnvoll ist eine langfristige Planung in der modernen Arbeitswelt? In diesem Fachartikel beschäftigen wir uns mit diesem – unserer Ansicht nach – entscheidenden Faktor für den langfristigen Erfolg deines Unternehmens.
Ist Nachfolgeplanung noch zeitgemäss?
Die Integration einer effektiven Nachfolgeplanung ist im Talentmanagement von entscheidender Bedeutung. In einer Zeit schneller Veränderungen und steigender Individualisierung wird die Nachfolgeplanung immer wichtiger. Sie dient nicht nur dazu, Risiken zu minimieren, sondern trägt auch wesentlich zur Bindung und Entwicklung der Mitarbeitenden bei.
Historisch gesehen verstand man unter Nachfolgeplanung vor allem die Sicherstellung der Unternehmenstätigkeiten im Falle des Abgangs von Mitarbeitenden. Stichworte wie Risikominimierung, Stabilität und kontinuierliches Wachstum waren die zentralen Ziele. Der Fokus lag dabei meist auf der «Chefetage» und klar definierten Schlüsselpositionen.
Doch veränderte Rahmenbedingungen wie die zunehmende Individualisierung haben die Ziele der Nachfolgeplanung weiterentwickelt. Der Fokus hat sich auf die Förderung der Mitarbeitenden verschoben. Talentförderungsprogramme, Karrierelaufbahnen und Promotionspläne wurden eingeführt, um dir und deinen Kolleg:innen langfristige Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Aber wie attraktiv sind solche Ansätze in einer von Digitalisierung und Transformation geprägten Zeit noch? Studien zeigen, dass Nachfolgeplanung in Unternehmen oft wenig Priorität hat: 56 % aller befragten Unternehmen hatten keine, 21 % eine formelle und etwa 24 % eine informelle Nachfolgeplanung (Umfrage 2021, 580 Befragte aus dem HR).
Gerade in unsicheren Zeiten mit stetiger Veränderung wie beispielsweise dem allgegenwärtigen Job-Hopping, bei dem gut ein Drittel der Arbeitnehmenden spätestens nach einem Jahr die Stelle wechselt, steigt die Bedeutung der Nachfolgeplanung. Dazu kommt, dass laut einer globalen Studie von Oracle 85 % der Mitarbeitenden mit der Karriereunterstützung ihres Unternehmens unzufrieden sind. Dieselbe Studie zeigt, dass 43 % der Mitarbeitenden bereit wären, einen Teil ihres Gehalts aufzugeben, um besseren Zugang zu Entwicklungsmöglichkeiten zu erhalten.
Für dein Unternehmen ist es deshalb essenziell, sowohl die Planungssicherheit als auch die Bindung der Mitarbeitenden zu stärken. Dafür braucht es neue, moderne Ansätze.
Wie sieht moderne Nachfolgeplanung aus?
Wie im ersten Fachartikel dieser Serie erwähnt, befinden wir uns an einem spannenden Wendepunkt, der auch für die Nachfolgeplanung richtungsweisend sein wird. Besonders die folgenden Bedürfnisse der Mitarbeitenden müssen dabei stärker berücksichtigt werden:
- Mitbestimmung: Du möchtest als Mitarbeitende:r mehr Mitbestimmung, auch in der Nachfolgeplanung. Wissenschaftlich ist gut belegt, dass intrinsische Motivation die Zufriedenheit fördert – und zufriedene Mitarbeitende bleiben länger in der Organisation. Es ist daher wichtig, Wege zu finden, dich stärker in den Prozess der Nachfolgeplanung einzubinden, um langfristige Zufriedenheit zu gewährleisten.
- Individualität & Flexibilisierung: Die moderne Arbeitswelt ermöglicht es dir, frei zu entscheiden, wo und wann du arbeitest. Dieser Trend sollte auch in der Nachfolgeplanung berücksichtigt werden, um auf individuelle Bedürfnisse besser einzugehen. Flexible Arbeitsmodelle wie Job Sharing oder geografische Unabhängigkeit bieten hierbei wertvolle Anknüpfungspunkte.
- Mehr Transparenz: Entscheidungen sollten nicht mehr im stillen Kämmerchen getroffen werden, sondern multidirektional. Für die Identifikation von möglichen Nachfolger:innen lohnt es sich, einen breiteren Blickwinkel einzunehmen und neben Führungskräften auch die Mitarbeitenden einzubeziehen. Eine visualisierte Darstellung kann sehr hilfreich sein und lässt sich mit den heutigen digitalen Tools quasi per Knopfdruck erstellen.
- Stärkung der Employee Experience: Die neue Generation fordert vermehrt positive und sinnstiftende Arbeitserlebnisse. Digitale Lösungen können dabei helfen, indem der Prozess zur Nachfolgeplanung von überall zugänglich wird. Lernangebote, die für deine weiteren Entwicklungsschritte erforderlich sind, können auf diesem Weg einfach bereitgestellt werden.
Konkrete Handlungsempfehlungen
Um einen modernen Nachfolgeplanungsprozess zu etablieren und den geänderten Anforderungen gerecht zu werden, sind kulturelle und technologische Anpassungen notwendig. Hier sind einige Tipps, wie dies konkret umgesetzt werden kann:
- Partizipativer Prozess: Adressiere das Bedürfnis nach stärkerer Partizipation. Dies kannst du durch transparente Kommunikation erreichen. Sprich offen mit deinen Mitarbeitenden über Entwicklungsmöglichkeiten und gewinne so gleichzeitig ihr Engagement. Trefft gemeinsam Abmachungen über die nächsten konkreten Schritte, ohne Vorgaben zu diktieren. Stattdessen motivierst du deine Mitarbeitenden, diese Schritte selbst zu definieren. Ein partizipativer Prozess mit offener Kommunikation hilft dabei, unterschiedliche Wahrnehmungen frühzeitig abzufangen (z. B.: Du siehst eine Person in einer bestimmten neuen Rolle, aber diese hat kein Interesse an einem Wechsel – oder umgekehrt). Gib deinen Mitarbeitenden das Gefühl, den Prozess selbstbestimmt zu begleiten. Achte jedoch darauf, dass solche Gespräche Erwartungen wecken können. Bereite sie daher vorsichtig vor und mache keine Versprechungen, die nicht eingehalten werden können.
- Offenheit für Freiheit und Flexibilität: Um den Anforderungen der heutigen Generation gerecht zu werden, ist es wichtig, sich von starren Denkweisen und Prozessen zu lösen. Mehr Offenheit für eine flexible Aufteilung von Schlüsselpositionen kann hilfreich sein. Warum sollte eine Schlüsselposition nicht in einem Job Sharing-Modell weitergeführt werden, nur weil sie bisher immer von einer Person besetzt war? Natürlich müssen die administrativen Prozesse für solche Fälle vorhanden sein. Doch dank der HR-Digitalisierung stehen mittlerweile zahlreiche Tools zur Verfügung, die solche Modelle unterstützen. Auch Trends wie geografische oder zeitliche Flexibilität sollten bei Nachfolgeentscheidungen kein Ausschlusskriterium mehr sein.
- Schaffung einer digitalen Plattform: Optimiere die Employee Experience durch digitale Lösungen, die mehr Transparenz für dich, deine Mitarbeitenden und Führungskräfte schaffen. Erweitere die Population der Nachfolgeplanung und ermögliche deinen Mitarbeitenden, Teil ihrer eigenen Karriereentwicklung und der Entwicklung deiner Organisation zu werden. Ein empfehlenswertes Tool, das wir bei HR Campus selbst nutzen, ist SAP SuccessFactors Succession & Development .
Zusammenfassung & Schlüsselbotschaften
Die Nachfolgeplanung steht vielleicht nicht immer ganz oben auf deiner Prioritätenliste, bietet aber enormes Potenzial, die Unternehmensentwicklung voranzutreiben – besonders in unsicheren Zeiten. Ein zentraler Faktor der modernen Nachfolgeplanung ist die Möglichkeit zur Partizipation deiner Mitarbeitenden. Höre ihnen zu und gestaltet gemeinsam die Zukunft. Fördere Offenheit in deiner Organisation für mehr Flexibilität und Individualität, um die Bindung deiner Mitarbeitenden zu stärken. Digitale Lösungen können dabei helfen, den administrativen Aufwand zu minimieren und den Prozess der Nachfolgeplanung gezielt zu unterstützen.
Unsere Fachartikelserie zum Talentmanagement hat Schlüsselbereiche wie Recruiting, Onboarding, Learning & Development, Performance Management, Compensation & Benefits sowie Succession Management beleuchtet. Zusammengefasst zeigt sich, dass ein ganzheitlicher Ansatz notwendig ist. Erfolgreiches Talentmanagement bedeutet nicht nur, Talente anzuziehen, sondern sie auch fortlaufend zu binden und weiterzuentwickeln. Moderne Methoden wie flexible Prozesse, individuelle Förderung, transparente Vergütung und strategische Nachfolgeplanung sind entscheidend, um in der heutigen dynamischen Arbeitswelt erfolgreich zu bleiben.
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Autorin

Nathalie Niederhauser
Consulting Operations
Nathalie hat durch ihre langjährige Erfahrung im Bereich HR-Digitalisierung ein Flair für die Personalentwicklung. Unter Einbeziehung psychologischer Aspekte hilft sie Unternehmen massgeschneiderte HR-Strategien zu entwickeln, um individuelle Bedürfnisse der Mitarbeitenden adäquat zu adressieren. Ihr Ziel ist es, Unternehmen bei der Stärkung ihrer Mitarbeitenden und der Förderung der digitalen Transformation im HR-Bereich zu unterstützen.