Du hast eine Zusage erhalten und somit eine offene Stelle besetzen können? Das ist grossartig! Doch was folgt nun? In einer Zeit, in der der Wettbewerb um Talente intensiver wird und sich die Erwartungen der neuen Generationen verändern, gewinnt die rasche Bindung von Mitarbeitenden eine enorme Bedeutung. Dies ist besonders wichtig, da eine erfolgreiche Rekrutierung nicht nur den Prozess bis zur Zusage umfasst, sondern ebenso die Zeit danach, die wir als Onboarding-Phase bezeichnen. Es gilt sicherzustellen, dass die investierten Ressourcen nicht nur in die Anziehung, sondern auch in die langfristige Bindung hochqualifizierter Talente fliessen. In diesem Blogbeitrag erfährst du, wie du inmitten des «War for Talents» den entscheidenden Unterschied für deine Mitarbeitenden schaffen kannst.
Eine Zeit der Unsicherheit überwinden
Es gab eine Zeit, in der sich Unternehmen kaum um das Wohlbefinden oder die Einarbeitung von Mitarbeitenden kümmern mussten. Das Angebot an Arbeitskräften war so gross, dass jede Person im Unternehmen ohne grossen Mehraufwand ausgetauscht werden konnte. Doch diese Zeiten sind vorbei: Die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften übersteigt das Angebot. Arbeitskräfte suchen sich die Unternehmen aus und nicht umgekehrt. Arbeitnehmende haben die Qual der Wahl und zögern nicht mehr, das Unternehmen zu wechseln, wenn die Arbeitsbedingungen anderswo besser sind. Dieser Effekt wird in der Onboarding-Phase zusätzlich verstärkt.
Die Onboarding-Phase ist in der Regel eine investitionsreiche Zeit für Organisationen. Sie wird als die Zeit verstanden, in der Mitarbeitende im Unternehmen ankommen. Sowohl auf der Seite des Unternehmens als auch auf der Seite der neuen Mitarbeitenden herrscht eine gewisse Unsicherheit und Unklarheit, während ein gegenseitiges Kennenlernen stattfindet. Das Unternehmen braucht Zeit, um herauszufinden, ob die Person zur Unternehmenskultur passt. Gleichzeitig braucht auch die neue Person Zeit, um zu beurteilen, ob das Arbeitsumfeld für sie geeignet ist.
Je kürzer die Dienstdauer, desto weniger fühlen sich Mitarbeitende mit dem Arbeitgeber verbunden und dementsprechend fällt es einfacher, das Unternehmen wieder zu verlassen. Dies zeigt sich auch in der Wissenschaft: 46 % der Einstellungen in einem Zeitraum der letzten 18 Monate werden von Führungskräften als gescheitert eingestuft. Dies kann entweder daran liegen, weil die neue Person das Unternehmen bereits wieder verlassen hat oder weil sie diese Person nicht wieder einstellen würden.
Ein Onboarding ist erfolgreich, wenn die Person ausreichend Wissen, Klarheit und Vertrauen über ihre neue Rolle, ihr neues Team und ihre neue Organisation entwickelt. Dadurch kann sie ihre Arbeit effektiv ausführen und eine positive Arbeitseinstellung entwickeln. In der Realität verläuft die Integration jedoch nicht immer wie erhofft.
Modernes Onboarding und wie man langfristige Beziehungen aufbaut
Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie (Woodrow et al.) hat identifiziert, welche Elemente sich negativ auf die Integration von Mitarbeitenden auswirken. Dabei zeigte sich, dass Konflikte mit Kolleg:innen, Personalmangel im Team und Probleme im Zusammenhang mit einem kulturellen Mismatch die entscheidenden Faktoren sind. Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie war, dass explizite und/oder implizite Versprechen während des ersten Dienstjahres oft nicht eingehalten wurden. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit für Unternehmen, ein langfristiges Vertrauensverhältnis zu ihren Mitarbeitenden aufzubauen. Das Konzept des «Know Your Employee» (KYE) wird dabei immer wichtiger, um einen Wettbewerbsvorteil zu bewirken. Wenn Unternehmen also einen Unterschied für ihre Mitarbeitenden schaffen wollen, gilt es, diese Faktoren gezielt zu adressieren.
Konkrete Handlungsempfehlungen
Um neue Mitarbeiter:innen erfolgreich zu integrieren, sie zu Botschafter:innen zu machen und so die Unternehmenskultur zu fördern, ist es wichtig, von Anfang an einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Hier sind einige Schlüsselelemente, die du in deinem Onboarding-Prozess einbeziehen solltest:
1) Pre-Boarding: Willkommenskultur fördern
- Erleichtere den administrativen Teil der Einstellung für Bewerber:innen, beispielsweise durch eine App, die alle notwendigen Dokumente bereitstellt.
- Biete eine Videotour durch das Unternehmen an.
- Schaffe vor der Ankunft der Person ein Gefühl des Willkommenseins, zum Beispiel durch ein personalisiertes Video des Teams oder ein Willkommenspaket mit kleinen Goodies.
- Das Ziel in der Pre-Boarding-Phase ist, eine positive Erwartungshaltung sowie Vorfreude auf den Stelleneintritt auszulösen. Grundsätzlich sind deiner Kreativität keine Grenzen gesetzt. Wichtig ist, dass die Willkommensgeste den Werten deiner Organisation entspricht und Authentizität vermittelt.
2) First Day: Erstkontakt und erster Arbeitstag
- Gestalte den ersten Tag als unvergessliches Erlebnis.
- Fokussiere dich auf das persönliche Kennenlernen und vermeide Informationsüberflutung.
- Vermeide, dass neue Personen den ganzen ersten Arbeitstag vor dem Bildschirm oder in internen Schulungen verbringen. Organisiere stattdessen einen Willkommenstag mit allen Neuankömmlingen gemeinsam, um ein erstes Netzwerk innerhalb des Unternehmens zu schaffen, was das Zurechtfinden in einer neuen Umgebung unterstützt.
- Plane gemeinsame Kaffee-Pausen oder Mittagessen ein, damit auch mal ein privates Gespräch stattfinden kann.
- Warum organisierst du nicht eine einzigartige Aktivität? Bei HR Campus geniessen zum Beispiel alle neuen Mitarbeiter:innen einen Spaziergang mit unserem CEO. Dies ist eine gute Gelegenheit, das Unternehmen näher vorzustellen und die Unternehmensgeschichte sowie -werte zu vermitteln.

3) Ankunft im Team: Mentoring und Unterstützung
- Ermutige das Team, aktiv am Onboarding-Prozess teilzunehmen und beziehe alle Teammitglieder ein, um das Gefühl des Willkommenseins zu verstärken. Gerade in Zeiten des Homeoffice dauert es oft lange, bis neue Mitarbeiter:innen das ganze Team kennengelernt haben.
- Weise eine Gotti/einen Götti oder Mentor:in zu, damit sich die Person bei Fragen neben der Führungskraft auch an eine andere neutrale Ansprechperson wenden kann.
- Biete regelmässige Feedbackgespräche an, um den Fortschritt zu besprechen und mögliche Anpassungen vorzunehmen.
Zusammenfassung & Schlüsselbotschaften
In der heutigen Zeit reicht ein sicherer Arbeitsplatz nicht mehr aus, um die Loyalität der Mitarbeiter:innen zu gewinnen. Unternehmen sind heutzutage viel stärker gefordert, Massnahmen zu ergreifen, um Arbeitskräfte zu gewinnen, zu binden und deren Engagement zu fördern. Setze deine Unternehmenswerte im Onboarding-Prozess ins Zentrum und schaffe persönliche Erlebnisse (Schlüsselmomente). Solche Schlüsselmomente beschleunigen die Bindung und fördern das Engagement deiner Mitarbeitenden. Denn engagierte Mitarbeiter:innen arbeiten mit mehr Leidenschaft und Loyalität, was sich schliesslich positiv auf die Unternehmensentwicklung auswirkt.
Ausblick auf den nächsten Fachartikel
Im kommenden Fachartikel zum Thema Learning & Development (L&D) werden wir uns intensiver mit den zentralen Aspekten dieser wichtigen Unternehmenspraxis befassen. Insbesondere werden wir die Bedeutung von kontinuierlichem Lernen für die langfristige Bindung von Mitarbeitenden und die Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen in den Fokus stellen. In einer Zeit, in der der Wettbewerb um Talente intensiver wird, trägt eine gezielte L&D-Strategie dazu bei, Mitarbeitende zu motivieren, zu binden und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Passende Fachartikel
- Wendepunkt
- Recruiting Management
- Development & Learning
- Compensation & Benefits
- Performance Management
- Succession Management
Quellen
- Baluch, A. (2022). 14 Onboarding Best Practices (2023 Guide), Forbes Link: https://www.forbes.com/advisor/business/onboarding-best-practices/
- Chappuis, I., & Rizzo, G. (2022). HR Futures 2030: A Design for Future-Ready Human Resources. Routledge, New York.
- Leadership IQ (24.11.2020): Why New Hires Fail (The Landmark "Hiring For Attitude" Study Updated With New Data), Link: https://www.leadershipiq.com/blogs/leadershipiq/35354241-why-new-hires-fail-emotional-intelligence-vs-skills?_ga=2.158659514.101848139.1578330393-1964482938.1570108995
- Woodrow, C., & Guest, D. E. (2020). Pathways through organizational socialization: A longitudinal qualitative study based on the psychological contract. Journal of Occupational and Organizational Psychology, 93(1), 110-133.