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Fachartikel

Von Polypoint.ch

Fachkräftemangel im Gesundheitswesen

Geht es dir manchmal auch so, dass du das Wort «Fachkräftemangel» nicht mehr hören kannst? Hört man es dennoch, denkt man sich: «Das ist ja ein Dauerzustand.» Man hat den Überblick verloren, wie stark der Fachkräftemangel aktuell ist und wie er sich entwickelt. Gefühlt herrscht seit Jahren Fachkräftemangel. In diesem Blog erfährst du, mit welchen Mitteln man dem entgegentreten kann und wie die intrinsische Motivation von Mitarbeitenden und deren individuelle Bedürfnisse damit zusammenhängen.

Die Studie «Fachkräftemangel-Index Schweiz 2022» der Adecco Gruppe Schweiz und der Universität Zürich zeigt, dass der Fachkräftemangel in der Schweiz wieder voll eingeschlagen hat und im Jahr 2022 so ausgeprägt war wie nie zuvor. Nach einer kurzfristigen Entspannung während der Covid-Zeit suchen aufgrund des wirtschaftlichen Nachholeffekts alle Branchen wieder vermehrt Fachpersonal. Es verwundert kaum, dass die Berufsgruppe der Spezialist:innen in Gesundheitsberufen am stärksten von dieser prekären Situation betroffen ist. Primär handelt es sich dabei um Personen mit einer Ausbildung auf Tertiärstufe – also mit HF-, FH-, Uni- oder ETH-Abschluss. Was können wir tun, wenn die Rekrutierung von Fachpersonal nahezu unmöglich wird? Wir müssen mit allen Mitteln versuchen, unser bestehendes Personal zu halten, indem wir dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden bei der Arbeit glücklich sind.

Bezieht man sich auf die Arbeiten der beiden Motivationsforscher Richard M. Ryan und Edward L. Deci, steht die intrinsische Motivation für den inneren Antrieb, etwas zu tun, das Freude bereitet und in dem man aufgeht. Je intrinsisch motivierter Mitarbeitende sind, desto glücklicher sind sie in ihrem Beruf. Die intrinsische Motivation kann durch soziale Eingebundenheit, eigene Kompetenz und persönliche Autonomie positiv beeinflusst werden. In Bezug auf die Dienstplanung zahlen Themen wie Partizipation und Selbstbestimmung der Mitarbeitenden auf das Thema Autonomie ein. Dabei stellt sich die Frage: Sind alle Mitarbeitenden diesbezüglich gleich? Möchten alle im gleichen Mass am Einsatzplanungsprozess mitwirken? Die Antwort liefert der Haufe-Quadrant (siehe Abbildung), der die Beziehungen zwischen Mitarbeitenden und Organisationsdesign beschreibt.

Betrachtet man die Y-Achse «Organisationsdesign», bewegen sich Betriebe im Gesundheitswesen meist in der gesteuerten Ebene, die ein klassisches, hierarchisches Modell beschreibt. Die X-Achse «Rolle der Mitarbeitenden» kann jedoch nicht pauschal zugeordnet werden. Es gibt Mitarbeitende, die sich in der Rolle als «Umsetzer:innen» wohlfühlen und weniger Kreativität und Flexibilität wünschen. Andere wiederum fühlen sich als «Gestalter:innen» wohler und wünschen genau das Gegenteil. Selbstverständlich stellt das Modell die Realität stark vereinfacht dar, und es gibt in der Praxis zahlreiche Zwischenstufen. Entscheidend ist es, zu verstehen, dass die Mitarbeitenden bezüglich Partizipation verschiedene Bedürfnisse haben.

Das Geniale an partizipativen Dienstplanungsmodellen ist, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden berücksichtigt werden können. Dabei werden lang-, mittel- sowie kurzfristige Planungszeiträume betrachtet. Bereits heute können sich Mitarbeitende in der langfristigen Planung meist stark einbringen, beispielsweise durch das Beantragen von Ferien oder unbezahltem Urlaub. In der mittelfristigen Planung, also der klassischen Monats-Dienstplanung, können sie in vielen Betrieben gewisse Freitags- oder Dienstwünsche einbringen und sich so beteiligen. Oft ist das Level der Partizipation in diesem Prozess jedoch stark ausbaufähig, und in den meisten Institutionen enden die Partizipationsmöglichkeiten an diesem Punkt. Um den Mitarbeitenden auch nach Veröffentlichung des Dienstplans noch eine möglichst hohe Flexibilität zu ermöglichen und dadurch ebenfalls die «Gestalter:innen» zufrieden zu stellen, sollten Instrumente bereitgestellt werden, die kurzfristige Dienstplanoptimierungen durch die Mitarbeitenden selbst ermöglichen. Dies könnte beispielsweise über einen Dienstmarktplatz oder einen vordefinierten Diensttauschprozess abgebildet werden. Die genauen Prozesse dahinter können individuell durch den Betrieb festgelegt werden. Die meisten Planungssoftware-Tools am Markt unterstützen solche Partizipationsmodelle.

Durch die langfristige Planungssicherheit und die optionale kurzfristige Flexibilität fühlen sich sowohl «Umsetzer:innen» als auch «Gestalter:innen» abgeholt. Die Möglichkeit zur Partizipation wird erhöht, was zu einem stärkeren Autonomiegefühl führt. Dieses wiederum steigert die intrinsische Motivation und macht die Mitarbeitenden glücklicher. Was dies für die Unternehmen bedeutet, liegt auf der Hand: mehr Effektivität und damit eine bessere wirtschaftliche Performance.

Autor

Portrait von  Stefan Matthys

Stefan Matthys

Healthcare

Stefan Matthys ist Betriebsökonom und ehemaliger PEP-Applikationsverantwortlicher. Heute arbeitet er bei HR Campus als Consultant im Gesundheitswesen und für POLYPOINT PEP.


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