Firmen beschäftigen zunehmend externe Mitarbeitende. Das erfordert eine Strukturanpassung und häufig den Einsatz intelligenter Software. Die Anzahl externer Arbeitskräfte und das verfügbare Budget definieren dabei den Handlungsbedarf.
Gemäss der SAP-Studie «External Workforce Insights 2018» sagen 65 Prozent der Verantwortlichen, dass externe Mitarbeitende einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.¹ Wurden früher nur Nebenleistungen an Externe vergeben, holt man sich heute oft auch Kernwissen durch externe Mitarbeitende ins Haus oder lässt wichtige Dienstleistungen von externen Anbietern erbringen.
Laut der SAP-Studie sind schon heute 44 Prozent der Personalausgaben in Unternehmen auf externe Mitarbeitende zurückzuführen.² Auch in der Schweiz zeichnet sich ein solcher Trend ab. Das zeigt die Studie von Deloitte «Der Arbeitsplatz der Zukunft». Hierzulande gehen 25 Prozent der Arbeitnehmenden einer projektbasierten, temporären oder zusätzlichen Arbeit nach. Weitere 25 Prozent planen, dies künftig zu tun.³
Synergien nutzen
Diese Entwicklung wird von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden gleichermassen angetrieben. Auf Unternehmensseite bringt eine grosse Zahl an externen Mitarbeitenden verschiedene Herausforderungen mit sich.
Weisst du etwa, wie viele externe Mitarbeitende und Dienstleister:innen bei dir im Unternehmen arbeiten? Kannst du deren Kosten beziffern? Weisst du, wer Zugang zu deinem Unternehmen, deinen Gebäuden oder deinen Systemen hat? Wenn du diese Fragen mit «Nein» beantwortet hast, bist du nicht allein: 75 Prozent der Geschäftsleitungsmitglieder haben nicht genügend Informationen über ihre externen Mitarbeitenden und Dienstleister:innen.
In den wenigsten Unternehmen ist die Digitalisierung in diesem Bereich angekommen. Es mangelt an Transparenz, Compliance und einheitlichen Prozessen. Gleichzeitig stossen bestehende HR- und Einkaufssysteme zunehmend an ihre Grenzen.
Mitarbeitenden-Reisen von externen und internen Mitarbeitenden weisen viele Parallelen auf (siehe Abbildung unten). Prozess-Synergien zwischen Externen und Internen werden jedoch selten ausgeschöpft. Ein sogenanntes Vendor Managementsystem (VMS) könnte solche Synergien fördern. Das soll anhand eines fiktiven Beispiels verdeutlicht werden.
On- und Offboarding leicht gemacht
«Roman benötigt für sein Projekt eine:n Business-Analyst:in. Da es sich um eine befristete Aufgabe handelt, soll die Stelle extern besetzt werden. Im VMS gibt Roman nun alle nötigen Informationen zur Stelle ein und startet damit den Budget- und Headcount-Freigabeprozess, der im System hinterlegt ist. Sobald dieser bestätigt ist, beginnt der Recruitingprozess: Die Stelle wird auf vorher definierten Recruiting- und Matching-Plattformen publiziert und für ausgewählte Personalvermittler freigeschaltet.
Suzanne arbeitet freiberuflich als Business-Analystin und wird bei der Suche nach einem neuen Auftrag durch ihren Personalvermittler unterstützt. Nachdem der Personalvermittler Romans Stellenanfrage über das VMS erhalten hat, leitet er diese an Suzanne weiter. Suzanne findet die Stelle spannend und teilt dem Personalvermittler mit, dass die Aufgaben und das Gehalt passen. Nun wird Suzannes Profil Roman über das VMS vorgestellt.
Roman erhält diese Informationen in Echtzeit und schaut sich Suzannes Unterlagen an. Er vergleicht die verschiedenen Kandidat:innen, führt Gespräche und hinterlegt alle Angaben. Letztendlich entscheidet er sich für Suzanne, weil sie bereits für verschiedene Abteilungen in seinem Unternehmen gearbeitet hat und im VMS sehr positives Feedback über sie hinterlegt ist. Durch einen Klick im VMS informiert Roman den Personalvermittler über seine Zusage für Suzannes Arbeitseinsatz. Dabei übermittelt er automatisch alle Vertragsinformationen, die bei der Stellenausschreibung festgelegt wurden. Es muss lediglich ein Vertragsausdruck zur Unterschrift versandt werden.
Danach startet für Suzanne der automatische Onboardingprozess, der über das VMS oder ein HR-Onboardingsystem abgewickelt wird. Dies beinhaltet Backgroundchecks, das Erfassen benötigter Angaben und die Eintrittsvorbereitungen. Am ersten Arbeitstag erhält Suzanne ihren Badge und kann sich sofort in die Systeme einloggen. Onlinetrainings für die Zeiterfassung und den Datenschutz sind bereits verfügbar. Damit Suzanne am Ende des Monats ihren Lohn korrekt ausbezahlt erhält, wird sie aufgefordert, ihre Arbeitszeiten ab dem ersten Tag im VMS zu erfassen. In der Unternehmensrichtlinie ist festgelegt, dass Kosten innerhalb des Budgetrahmens ohne zusätzliche Einwilligungen bezahlt werden. Spesen werden bei Bedarf und nach Freigabe durch Roman über das VMS vergütet.
Bei Einsatzende muss Roman den Know-how-Transfer an die Kolleg:innen beziehungsweise Suzannes Nachfolger:in sicherstellen. Zusätzlich bittet Suzannes Personalvermittler Roman um ein Feedback, um nach Vertragsende ein Arbeitszeugnis zu erstellen. Dieses hinterlegt Roman im VMS, sodass es, wie bei Suzannes vorherigen Einsätzen, dokumentiert ist. Den Offboardingprozess startet Roman wie das Onboarding über das VMS oder HR-System. Damit wird geregelt, welche Zugänge gesperrt werden und welche Arbeitsmittel Suzanne zurückgeben muss. Am letzten Arbeitstag retourniert Suzanne ihren Badge und Roman kann den Offboardingprozess abschliessen.»
VMS als echte Unterstützung
Ein einheitliches External Workforce Management ist für jedes Unternehmen wichtig, unabhängig davon, ob dies über ein VMS, bestehende Systeme oder ein anderes Tool abgedeckt wird. Unternehmen verfolgen mit der Einführung eines VMS meist folgende Zielsetzungen: Transparenz schaffen, Compliance einhalten, Kosten einsparen, Systeme standardisieren und digitalisieren.
Bei der Auswahl eines VMS sollten die wichtigsten Zielsetzungen klar definiert werden. Ebenso spielt der Implementierungsaufwand eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung für ein System. Denn ein VMS anzuschaffen oder selbst zu entwickeln, lohnt sich nicht für jedes Unternehmen. Dafür braucht es eine gewisse Anzahl an externen Mitarbeitenden. Verfolgt man den Ansatz eines Total Workforce Managements, sollte das VMS zudem nahtlos in die IT-Landschaft des Unternehmens integriert werden können.

Glossar
External Workforce, Total Workforce Management, VMS – viele Begriffe, keine eindeutigen Definitionen.
Die Komplexität des Themas beginnt bei der Begriffsverwendung: External Workforce, Total Workforce Management, externe Mitarbeitende, Dienstleister:innen und Vendor-Managementsysteme. Diese Begriffe müssen voneinander abgegrenzt werden, um ein einheitliches Verständnis zu schaffen.
Eine External Workforce setzt sich aus Personen zusammen, die eine temporäre oder befristete Tätigkeit in einem Unternehmen ausüben. Dazu gehören einerseits externe Mitarbeitende, die durch Weisungsbefugnis beim Kunden eingebunden und bei einem Personalverleiher oder im eigenen Unternehmen angestellt sind. Andererseits umfasst sie Mitarbeitende von Dienstleister:innen oder Freiberufler:innen mit Dienstleistungsvertrag, die remote oder vor Ort beim Kunden tätig sind und für den Kunden persönlich relevant sind. Das bedeutet, dass sie beispielsweise einen Badge, ein Zeiterfassungstool und einen Zugang zu EDV-Systemen benötigen.
Total Workforce Management dient als Überbegriff für das Planen, Betreuen und Steuern der gesamten Workforce eines Unternehmens. Dazu zählen Festangestellte, externe Mitarbeitende, Dienstleister:innen und zukünftig auch Roboter. Wichtig ist, dass die Unternehmensstrategie bzw. HR-Strategie für die gesamte Workforce angewandt wird und alle Gruppen der Workforce in die Unternehmensstrategie bzw. HR-Strategie einfliessen. Eine fehlende Integration externer Mitarbeitender kann Konsequenzen nach sich ziehen, wie etwa bei Google, als «Gig Workers» im vergangenen Jahr eine Gleichbehandlung einforderten und dem Konzern negative Presseberichte einbrachten.⁴
Ein Vendor-Managementsystem (VMS) ist meistens eine webbasierte oder Cloud-Lösung, die das Beschaffen und Verwalten externer Mitarbeitender und Dienstleister:innen unterstützt. Es kombiniert Kund:innen, Lieferant:innen bzw. Personalverleiher:innen und externe Mitarbeitende/Dienstleister:innen in einer Lösung und bildet den End-to-End-Prozess ab.
Quellen
- ¹ SAP und Oxford Economics: External Workforce Insights 2018: The Forces Reshaping How Work Gets Done.
- ² SAP und Oxford Economics: External Workforce Insights 2018: The Forces Reshaping How Work Gets Done.
- ³ Deloitte: «Der Arbeitsplatz der Zukunft: Wie digitale Technologie und Sharing Economy die Schweizer Arbeitswelt verändert.»
- ⁴ https://www.shrm.org/resourcesandtools/hr-topics/technology/pages/google-and-the-gig-workers-what-other-employers-can-learn-.aspx
Autorinnen

Alexandra Gastpar
Total Workforce Management, HR Interim Management Consulting

Anja Buser
HR Strategies