Ohne saubere Daten, digitalisierte Prozesse und vernetzte Systeme kann das volle Potenzial von KI im HR nicht ausgeschöpft werden. Wer KI-Anwendungen erfolgreich nutzen will, muss zuerst das Fundament dazu legen.
Du kommst vom Mittagessen mit dem neuen Mitarbeiter wieder ins Büro. Dein Chatbot-Assistent meldet sich bei dir: Er hat den Lunch-Termin in deinem Kalender erkannt und fragt nach einem Foto deiner Quittung für die Spesenerfassung. Du lädst das Foto hoch, während du gleichzeitig die Bewerbungsgespräche für den Nachmittag prüfst. Kein Stress: Das Recruiting-System hat bereits die besten Kandidat:innen für die Stelle herausgefiltert und die Termine automatisch mit allen Beteiligten vereinbart. So bleibt dir als HR-Fachperson der Kopf frei für das, was zählt - echte Gespräche auf Augenhöhe. Nur die Knoblauchsauce am Mittag war vielleicht keine gute Idee.
Keine Utopie, sondern greifbare Realität
Was wie Zukunftsmusik klingt, ist längst Realität. Solche Use-Cases sind heute schon im Einsatz. Trotzdem nutzen laut der diesjährigen Marktforschungsstudie von HR Campus nur knapp 6% der 1'500 befragten Personen KI-Tools bewusst am Arbeitsplatz. Bei Unternehmen mit über 1'000 Mitarbeitenden sind es etwas mehr, jedoch auch hier nur knapp jede zehnte Person.
Viele HR-Teams, die sich mit KI-Anwendungsmöglichkeiten beschäftigen und erste Use Cases testen, sind schnell enttäuscht. Die erhofften Effizienzgewinne bleiben aus. Also wird die Technologie wieder beiseitegelegt. Dabei wird vergessen, dass ohne saubere, strukturierte Daten KI ihr Potenzial nicht entfalten kann. Die Qualität der zugrundeliegenden Daten ist entscheidend für den Erfolg. Man kann es mit dem Hausbau vergleichen: wer kein stabiles Fundament legt, darf sich nicht wundern, wenn das Gebäude wackelt. Die HR-Datenbasis muss zuerst stehen.
Herausforderungen der HR-Transformation
Seit Jahren kämpfen viele HR-Organisationen mit der Digitalisierung ihrer Prozesse. Wer sich schon länger (oft mit begrenztem Erfolg) mit der digitalen Transformation im HR beschäftigt, sollte spätestens jetzt handeln. Denn mit der rasanten Weiterentwicklung von KI-Anwendungen ist es unerlässlich geworden, dass Unternehmen über eine saubere und konsistente HR-Datenlandschaft verfügen. Die nachfolgenden Hürden begegnen uns im HR seit Jahren:
- Veraltete oder unvollständige Stammdaten: Mitarbeitende wechseln Positionen, Abteilungen oder Standorte. Doch viele dieser Änderungen landen nicht im System. Das führt zu Problemen bei rollenbasierten Zugriffsrechten und gefährden damit den Datenschutz.
- Manuelle und inkonsistente Dateneingaben: HR-Daten werden oft von Hand in mehrere Systeme eingegeben. Tippfehler und widersprüchliche Informationen sind die Folge. Ein Beispiel: In einem System heisst es Projektmanager, in einem anderen PM oder Project Manager. Diese fehlende Datensynchronisation kann dazu führen, dass Schulungen mühsam manuell zugewiesen werden müssen. Personalisierung und Automatisierung bleiben dabei auf der Strecke.
- Datensilos und Medienbrüche: Bewerbendenmanagement, Personalverwaltung, Vergütung, Talententwicklung und weitere Prozesse laufen oft in getrennten Softwarelösungen, die nicht miteinander verknüpft sind. Die Systeme sprechen nicht miteinander, obwohl die Prozesse eng verzahnt sind. Datenflüsse und Synergien bleiben somit ungenutzt.
Wer sich mit solchen Herausforderungen im Unternehmen herumschlägt, wird wie erwähnt von KI enttäuscht sein. KI ist kein Zauberspruch. Man kann sie nicht einfach über fehlerhafte Prozesse stülpen und auf Wunder hoffen. Wenn das Daten-Fundament wackelt, stürzt das KI-Dach früher oder später ein.

Die 5 Bausteine für eine KI-fähige HR-IT-Landschaft
Oft wird über die Potenziale von KI im HR gesprochen. Doch die eigentliche Herausforderung liegt nicht in der Technologie selbst, sondern in den Voraussetzungen, die sie benötigt. Ohne ein solides Fundament bleibt der Einsatz von KI wirkungslos oder schöpft ihr Potenzial nicht aus. Damit KI im HR präzise, effizient und skalierbar arbeiten kann, braucht es fünf zentrale Bausteine.
- Saubere HR-Datenbasis
Ohne aktuelle Daten können KI-Funktionen keine verlässlichen Ergebnisse liefern. Deshalb ist es wichtig, Mitarbeitendenstammdaten, Organisationsstrukturen und Skill-Profile zu pflegen. Fehlerhafte, veraltete oder doppelte Datensätze gilt es zu bereinigen. Hierfür braucht es klare Definitionen und Standards im Unternehmen.
- Digitalisierte HR-Prozesse
Prozesse und Workflows müssen digitalisiert werden. Das bedeutet nicht einfach, von Papier auf Excel Dokumente umzusteigen, sondern Prozesse sauber und vollständig in Systemen und Tools abzubilden. Und zwar solche, die man gut über Schnittstellen (APIs) ansteuern kann. Dies gilt von der Personalverwaltung, über das Bewerbendenmanagement bis zur Leistungsbeurteilung und mehr. Wer sich hier früh mit den «richtigen» Lösungen auseinandersetzt, wird von bereits eingebetteten KI-Funktionen profitieren können.
- Vernetzte HR-Systeme
KI benötigt Zugriff auf alle relevanten HR-Datenquellen, um sinnvoll zu funktionieren und die Arbeitslast tatsächlich zu reduzieren. Um Daten systemübergreifend nutzen zu können, müssen isolierte Datensilos vermieden werden. Entweder kommunizieren verschiedene HR-Systeme über Schnittstellen miteinander oder es wird auf eine einheitliche, möglichst umfassende HR-Suite gesetzt. Auch hier: Gute HR-Suiten decken bereits heute viele KI-Use-Cases ab oder arbeiten aktuell daran.
- Skalierbare HR-IT-Architektur auf Cloud-Basis
Statt starrer, lokaler Systeme braucht es flexible Cloud-Lösungen. Sie ermöglichen den Zugriff auf aktuelle Daten, jederzeit und überall. Gleichzeitig profitieren Unternehmen von laufenden Weiterentwicklungen und mehr Sicherheit. Die Cloud ist das Fundament für schnelle Skalierung und moderne KI-Anwendungen.
- Echtzeit-Datenverfügbarkeit
KI lebt von aktuellen Informationen. Je präziser und aktueller die Daten, desto besser funktionieren Analysen und Vorhersagen. Neben Cloud-Lösungen, Schnittstellen und regelmässigen Datenbereinigungen helfen hier Self-Service-Portale und digitale Zeiterfassungssysteme. Sie stellen sicher, dass Mitarbeitende ihre Personendaten, Abwesenheiten und Kompetenzen in Echtzeit selbstständig aktualisieren können – und somit immer auf dem neuesten Stand sind.
Wer in diese Bausteine investiert, schafft die Grundlage für präzisere Analysen, automatisierte Abläufe und intelligentere Entscheidungen im HR, die durch KI unterstützt werden können. Darauf lassen sich auch die weiteren Stockwerke sicher aufbauen.
KI ist da – auch für KMU
KI-Anwendungen werden stetig weiterentwickelt, von grossen HR-Systemanbietern wie auch von innovativen Startups. Und das ist nicht nur etwas für Grosskonzerne. Auch KMU können mit gezielten Schritten von KI profitieren. Viele Use Cases lassen sich bereits im kleinen Rahmen gut umsetzen, um Prozesse zu optimieren oder die Effizienz im Alltag zu steigern. Wer ein stabiles Fundament hat und früh startet, wird schneller bereit sein für mehr: Präzise Fluktuationsprognosen, automatisierte Scilla-Gap-Analysen für die strategische Personalplanung und -entwicklung, individuelle und personalisierte Erlebnisse für Mitarbeitende für stärkere Bindung – der Kreativität sind (fast) keine Grenzen gesetzt.
Mehr Raum für die Menschen
HR ist und wird auch künftig menschlich sein – vorausgesetzt, das Datenmanagement wird spätestens jetzt strategisch priorisierDas volle Potenzial von KI lässt sich nur mit einem sauberen Fundament ausschöpfen – und dieses besteht aus den fünf erwähnten Elementen: einer verlässlichen HR-Datenbasis, digitalen HR-Prozessen, vernetzten Systemen, einer skalierbaren, Cloud-basierten HR-IT-Architektur und der Verfügbarkeit von Echtzeit-Daten. So entsteht mehr als nur technologische Intelligenz. Die Anwendung von künstlicher Intelligenz schafft den Freiraum, uns auf die emotionale Intelligenz zu fokussieren. Für echte Begegnungen und das, was am Ende zählt: der Mensch im Zentrum unseres Tuns.
Autor:in

Sandra Lugonjic
HR Strategies
Als Strategieberaterin bei HR Campus unterstützt Sandra Lugonjic HR-Organisationen dabei, ihre Employee Experience durch gezielte Massnahmen zu verbessern und effizienter zu werden.

Philippe Dutkiewicz
Management, HR Strategies
Als Teil des HR Campus-Management Teams und Strategieberater begleitet Philippe Dutkiewicz Unternehmen dabei, ihre HR-Organisation strategisch auszurichten und zukunftssicher aufzustellen.